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Homeoffice in Frankreich: Welche rechtlichen und
steuerlichen Aspekte gilt es zu berücksichtigen?
Live-Webinar vom 12. November 2024
EPP Rechtsanwälte Avocats
Gliederung:
Einleitung
Definition:
„Telearbeit ist eine Form der Organisation und/oder Ausführung von Arbeit unter Verwendung von Informationstechnologie im Rahmen eines Arbeitsvertrages/eines Beschäftigungsverhältnisses, bei der die Arbeit, die auch in den Einrichtungen des Arbeitgebers ausgeführt werden könnte, regelmäßig außerhalb dieser Einrichtungen verrichtet wird.“
Europäisches Rahmenabkommen über Telearbeit vom 16. Juli 2002
Homeoffice
Das deutsche Unternehmen beschäftigt einen französischen Arbeitnehmer.
Der französische Arbeitnehmer arbeitet von zu Hause aus in Frankreich.
Gelegentlich reist der Arbeitnehmer nach Deutschland zum deutschen Firmensitz seines Arbeitgebers.
Mobile Arbeit
Das deutsche Unternehmen beschäftigt einen deutschen Arbeitnehmer.
Der deutsche Arbeitnehmer hat seinen Wohnsitz in Deutschland und arbeitet in der Regel aus Deutschland (am Sitz der Gesellschaft).
Er verbringt jedoch immer mehr Zeit in seiner Ferienwohnung in Frankreich und arbeitet immer öfter von dort.
Welche arbeitsrechtlichen Vorschriften sind anwendbar?
Grundregel: Rechtswahl (Art. 8 Abs. 1 der Verordnung EG Nr. 593/2008)
Einschränkung:
- Rechtswahl darf nicht dazu führen, dass der Arbeitnehmer den Schutz verliert, der ihm aufgrund der zwingenden Bestimmungen, die ohne Rechtswahl Anwendung finden würden, gewährt wird
- Keine Rechtswahl: Anwendung des Rechts des Staates, in dem oder anderenfalls von dem aus der Arbeitnehmer gewöhnlich seine Arbeit verrichtet
Methode des „Indizienbündels“ (faisceau d‘indices):
- Ort, von dem aus der Arbeitnehmer seinen Hauptpflichten nachgeht;
- Ort des tatsächlichen Mittelpunkts seiner Berufstätigkeit;
- Ort, an dem er seine Steuern zahlt;
- Ort, an dem er den Großteil seiner Arbeitszeit verbringt usw.
Definition und rechtlicher Rahmen
„Homeoffice bezeichnet jede Form der Arbeitsorganisation, bei der eine Tätigkeit, die auch in den Räumlichkeiten des Arbeitgebers hätte ausgeübt werden können, von einem Arbeitnehmer freiwillig außerhalb dieser Räumlichkeiten ausgeführt wird, indem er Informations- und Kommunikationstechnologien nutzt.“
Artikel L. 1222-9 des frz. Arbeitsgesetzbuchs
Rechtlicher Rahmen:
- Artikel L. 1222-9 bis L. 1222-11 des frz. Arbeitsgesetzbuchs
- Frz. nationales branchenübergreifendes Abkommen vom 19. Juli 2005 über Homeoffice
- Frz. nationales branchenübergreifendes Abkommen vom 26. November 2020 über die erfolgreiche Einführung von Homeoffice
- Tarifverträge
Einführung von Homeoffice
- Einführung durch Betriebsvereinbarung oder anderenfalls durch vom Arbeitgeber nach Stellungnahme des CSE (wenn vorhanden) erstellte innerbetriebliche Richtlinie
- Pflichtangaben der Betriebsvereinbarung bzw. innerbetriebliche Richtlinie:
- Voraussetzungen für den Wechsel zum Homeoffice und zur evtl. Beendigung des Homeoffice
- Modalitäten zur Annahme durch den Arbeitnehmer der Bedingungen zur Umsetzung von Homeoffice
- Modalitäten für die Kontrolle von Arbeitszeit und Arbeitsbelastung
- Bestimmung von Zeitfenstern, während denen der Arbeitgeber den Arbeitnehmer im Homeoffice gewöhnlich kontaktieren kann
- Modalitäten für Arbeit im Homeoffice bei Behinderung, Schwangerschaft oder der Pflege von Angehörigen
- Keine Betriebsvereinbarung bzw. innerbetriebliche Richtlinie: Formalisierung der Vereinbarung der Parteien auf beliebigem Wege (vorzugsweise durch Nachtragsvereinbarung zum Arbeitsvertrag des Arbeitnehmers)
- Prinzip der Freiwilligkeit
- Beendigungsmöglichkeiten
Status und Arbeitsbedingungen des Heimarbeiters
- Grundsatz der Gleichbehandlung von Arbeitnehmern: dieselben gesetzlichen und tarifvertraglichen Rechte und Vorteile wie für Arbeitnehmer, die in den Räumlichkeiten des Unternehmens arbeiten
- Zusätzliche Pflichten des Arbeitgebers gegenüber dem Heimarbeiter, die über die allgemeinen Pflichten hinausgehen:
- Unterrichtung des Heimarbeiters über Einschränkungen bei der Nutzung von Hard- oder Software oder elektronischen Kommunikationsdiensten und über Sanktionen bei Nichteinhaltung
- Organisation eines jährlichen Gesprächs über insbesondere Arbeitsbedingungen und -belastung des Heimarbeiters
- Bereitstellung durch den Arbeitgeber der für die Ausübung der Tätigkeit im Homeoffice erforderlichen Hardware (Laptop, Monitor etc.)
- Wartung dieser Hardware durch den Arbeitgeber
- Pflicht des Arbeitgebers, die Konformität des Arbeitsplatzes sicherzustellen, insbesondere der elektrischen und technischen Anlagen
- Pflicht des Arbeitgebers zu prüfen, ob der Heimarbeiter versichert ist
Welche Kosten entstehen dem Arbeitgeber durch Homeoffice?
- Übernahme der Homeoffice-Kosten:
- Mehrkosten (Büromaterial, Heizung, Strom usw.)
- bis zu einer Höchstgrenze von 2,70 € pro Tag bzw. 59,40 € pro Monat (Wert für 2024) sozialabgaben- und einkommensteuerfrei (bei 100 %iger Homeoffice-Tätigkeit 5 Tage pro Woche)
- Nutzungsentschädigung:
- Nur, wenn kein Arbeitsplatz in Büroräumlichkeiten zur Verfügung gestellt wird
- Sozialabgaben- und einkommensteuerpflichtig
- Betrag nicht gesetzlich definiert – in der Praxis etwa 100 € bis 200 € brutto pro Monat
- Grundsatz: Anwendung des Sozialversicherungssystems des Wohnsitzstaates, wenn der Arbeitnehmer dort einen wesentlichen Teil seiner Tätigkeit ausübt (Art. 13 Abs. 1 der Verordnung EG Nr. 883/2004)
- Wesentlicher Teil der Tätigkeit = mindestens 25 % der Arbeitszeit und/oder des Arbeitsentgelts
- Der Begriff des Wohnsitzes unterscheidet sich vom steuerlichen Begriff der Ansässigkeit
- Ausnahmeregelung: Anwendung des Sozialversicherungsrechts des Staates, in dem der Arbeitgeber seinen Sitz hat, falls der Arbeitnehmer im Staat seines Wohnsitzes weniger als 50 % seiner Arbeitszeit im Homeoffice verrichtet (Europäisches Rahmenabkommen, in Kraft getreten am 01.07.2023)
- keine automatische Anwendung dieser Ausnahmeregelung: Antrag des Arbeitgebers und Zustimmung des Arbeitnehmers erforderlich
- Anwendung dieser Ausnahmeregelung nur in grenzüberschreitenden Homeoffice-Situationen möglich, die 2 Unterzeichnerstaaten betreffen
Homeoffice:
Die Ansässigkeit ist eindeutig in Frankreich.
Folgende steuerliche Punkte sind zu prüfen:
- Für den Arbeitnehmer: Besteuerung des Lohns im Falle von Geschäftsreisen nach Deutschland
- Für den Arbeitgeber: Risiko der Gründung einer Betriebsstätte in Frankreich, Lohnabrechnung
Mobile Arbeit:
Ursprünglich ist der Arbeitnehmer in Deutschland ansässig.
Folgende steuerliche Punkte sind zu prüfen:
- Für den Arbeitnehmer: mögliche Verlegung des steuerlichen Wohnsitzes, Besteuerung des Lohns
- Für den Arbeitgeber: Risiko der Gründung einer Betriebsstätte in Frankreich, Lohnabrechnung
Steuerlicher Wohnsitz und Ansässigkeit
a) Steuerlicher Wohnsitz nach französischem Recht (domicile fiscal)
- Innerstaatliche frz. Definition
- Artikel 4 B CGI (frz. Steuergesetzbuchs)
- alternative Kriterien:
- Haushalt (foyer) oder Hauptaufenthaltsort für Ledige (Lieu de séjour principal)
- Hauptberufliche Tätigkeit in Frankreich
- Zentrum der wirtschaftlichen Interessen
- Die sog. „183-Tage-Regelung“ hat damit nichts zu tun!
- Ein Kriterium reicht aus!
b) Ansässigkeit nach abkommensrechtlichem Recht (résidence fiscale)
- Abkommensrechtliche Definition
- im Falle eines Wohnsitzkonfliktes
- Kriterien sind in dem anwendbaren DBA zu finden
- Im deutsch-frz. Kontext: Wenn der Arbeitnehmer sowohl in DE als auch in FR ansässig ist, wird die Ansässigkeit nach den subsidiären Kriterien des Artikels 2 (1) 4. b) des deutsch-frz. DBA festgelegt:
- Ständige Wohnstätte
- Mittelpunkt der Lebensinteressen
- Gewöhnlicher Aufenthalt (anders als die sog. „183-Tage-Regelung“!)
- Staatsangehörigkeit
c) Im Fall der mobilen Arbeit
- Nach frz. Recht:
- Die mobile Arbeit in Frankreich kann dazu führen, dass die hauptberufliche Tätigkeit und der Hauptaufenthaltsort des deutschen Arbeitnehmers nach Frankreich verlagert werden
- Mögliche Auswirkungen auf das Zentrum der wirtschaftlichen Interessen, wenn die Einkünfte hauptsächlich aus Frankreich herrühren
- Oftmals folgt die Familie dem Arbeitnehmer, d.h. Haushalt ebenfalls in Frankreich
Der Arbeitnehmer in mobiler Arbeit in Frankreich hat i.d.R. seinen steuerlichen Wohnsitz in FR nach frz. Recht.
- Nach abkommensrechtlichen Recht:
- Kriterium der ständigen Wohnstätte i.d.R. nicht ausreichend, denn Ferienhaus in Frankreich, Familienhaus in Deutschland
- In den meisten Fällen werden die Lebensinteressen zwischen Frankreich und Deutschland aufgeteilt.
- Daher ist das Kriterium des gewöhnlichen Aufenthalts oft entscheidend.
Risiko, dass die mobile Arbeit in Frankreich zu einem Wechsel der Ansässigkeit des deutschen Arbeitnehmers führt!
Besteuerung des Lohns und weitere steuerliche Folgen
a) Besteuerung des Lohns – Territorialität
- Grundsatz: Besteuerung am Tätigkeitsstaat
- Artikel 13 Abs. 1 des deutsch-frz. DBA
- Folgen: Splitting des Lohns je nach Ort der Tätigkeitsausübung
- Ausnahme: sog. „183-Tage-Regelung“
- Artikel 13 Abs. 4 des deutsch-frz. DBA
- Folgen: Gesamtlohn wird am Wohnsitzstaat besteuert, trotz vorübergehende/regelmäßige Tätigkeit in einem anderen Staat
- Kumulative Voraussetzungen:
- Weniger als 183 Tage im anderen Staat (außerhalb des Wohnsitzstaates)
- Lohn wird von einem im Wohnsitzstaat ansässigen Arbeitgeber gezahlt
- Lohn wird nicht durch eine Betriebsstätte im anderen Staat getragen
b) Besteuerung des Lohns in Frankreich
- Die Modalitäten der Besteuerung des Lohns hängen von der Ansässigkeit des Arbeitnehmers ab.
- Wenn der Arbeitnehmer in FR steueransässig ist:
- Frz. Lohnsteuer (prélèvement à la source)
- Wenn der Arbeitnehmer nicht in FR steueransässig ist:
- Frz. Quellensteuer (retenue à la source)
- 0%, 12%, 20%
- Quartalsmeldungen durch den Arbeitgeber
- Die Quellensteuer ist vom Arbeitgeber zu zahlen
- Abgabe einer Einkommensteuererklärung im Folgejahr durch den Arbeitnehmer
- Frz. Quellensteuer (retenue à la source)
c) Französischer Arbeitnehmer im Homeoffice
- Wenn der Arbeitnehmer ausschließlich in FR arbeitet
- Ansässigkeit und Tätigkeit in FR
- Gesamtlohn wird in Frankreich besteuert
- Wenn der Arbeitnehmer zum Teil auch in DE arbeitet
- Die 183-Tage-Regelung ist nicht anwendbar, da der Lohn aus DE bezahlt wird !
- Folgen:
- Die in FR gearbeiteten Tage werden in FR besteuert
- Die in DE gearbeiteten Tage werden in DE besteuert
- Aufgrund der Ansässigkeit in FR ist der Gesamtlohn in FR zu erklären.
- Vermeidung der Doppelbesteuerung durch Anrechnung (crédit d‘impôt égal à l‘impôt FR)
d) Deutscher Arbeitnehmer in mobiler Arbeit ohne Verlegung der Ansässigkeit nach Frankreich
- Grundsatz:
- unbeschränkte Steuerpflicht am Wohnsitzstaat, in Deutschland
- Beschränkte Steuerpflicht am Tätigkeitsstaat, in Frankreich
- Besteuerung des Lohns in Frankreich?
- Die 183-Tage-Regelung ist anwendbar, wenn der Arbeitnehmer weniger als 183 Tage in Frankreich arbeitet !
- Folgen:
- Der Gesamtlohn wird in Deutschland besteuert trotz der mobilen Arbeit in Frankreich
e) Deutscher Arbeitnehmer in mobiler Arbeit bei Verlegung der Ansässigkeit nach Frankreich
- Der Arbeitnehmer ist in Frankreich steueransässig
- Grundsatz: unbeschränkte Steuerpflicht am Wohnsitzstaat, in Frankreich
- Folgen bzgl. der Besteuerung des Lohns:
- Besteuerung des Gesamtlohns in Frankreich unter Berücksichtigung der Tätigkeit in Deutschland: Die 183-Tage-Regelung kann nicht greifen, da der Lohn aus Deutschland bezahlt wird !
- Folgen:
- Die in Frankreich gearbeiteten Tage werden in Frankreich besteuert
- Die in Deutschland gearbeiteten Tage werden in Deutschland besteuert
- Aufgrund der Ansässigkeit in Frankreich ist der Gesamtlohn in Frankreich zu erklären.
- Vermeidung der Doppelbesteuerung durch Anrechnung
- Weitere steuerliche Folgen:
- Besteuerung des gesamten weltweiten Einkommens des Arbeitnehmers in Frankreich
- Ggf. Besteuerung des Immobilienvermögens (IFI)
- Ggf. Besteuerung von Erbschaften und Schenkungen
Problematik der Betriebsstätte:
- Artikel 2 (1) 7 des deutsch-frz. DBA
- Feste Geschäftseinrichtung
- Vertreterbetriebsstätte
- OECD-Kommentare nicht aktuell
- Folgen
- Frz. Körperschaftssteuer 25 %
- Strafzuschläge 80 %
- Verjährung 10 Jahre
Lohnabrechnung:
- Hängt von den sozialversicherungsrechtlichen Aspekten ab
- Bleibt der Arbeitnehmer in DE sozialversichert:
- Lohnabrechnung erfolgt in DE
- Besteuerung in FR des Lohnanteils, der den in FR gearbeiteten Tagen entspricht, wenn die 183-Tage-Regelung nicht anwendbar ist
- Besteuerung der frz. Tage mit der frz. Quellensteuer
- Ist der Arbeitnehmer in FR sozialversichert:
- Lohnabrechnung erfolgt in FR
- Besteuerung des Lohns (anteilig oder gänzlich) mit der frz. Lohnsteuer
Handlungsempfehlungen:
- Sachlage abklären
- Situation optimieren
- Für den Arbeitnehmer: steuerliche Vorteile
- Für den Arbeitgeber: Präsenz in Frankreich strukturieren
Für ausführlichere Informationen, sehen Sie sich die Aufzeichnung unseres Webinars an.
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