Ablauf einer Unternehmensveräußerung
in Frankreich
Oktober 2020, Transversale Conseil
Viele deutsche Unternehmen besitzen eine Filiale in Frankreich. Aus unterschiedlichen Gründen kann es irgendwann sinnvoll werden, das französische Tochterunternehmen zu veräußern. Wie verläuft ein Unternehmensverkauf in Frankreich? Welche Schritte sollte man beachten, welche Ansprechpartner gibt es für M&A Transaktionen in Frankreich?
Die Unternehmensveräußerung in Frankreich befolgt im Regelfall folgende Etappen:
1. Den Verkauf vorbereiten
- Management und Vertrieb. Gibt es vor Ort ein Management Team, welches das Unternehmen selbstständig leiten kann? Ist die Vertriebsabteilung strukturiert?
- Betriebsimmobilie. In Frankreich ist es geläufig, die Betriebsimmobilie durch eine ad hoc gegründete Gesellschaft zu besitzen. Ist die Betriebsimmobilie noch in den Bilanzaktiva des Unternehmens, sollte sie in eine sogenannte SCI („Société Civile Immobilière“, frz. Immobiliengesellschaft bürgerlichen Rechts) verlagert werden. Das Unternehmen müsste anschließend der SCI eine Miete zahlen. So werden die Jahresabschlüsse für den Käufer viel verständlicher und der Kaufpreis zudem niedriger. Eine solche Optimierung kann durch einen französischen Rechtsanwalt oder Steuerberater erfolgen.
- Die ersten Unterlagen, die vom potenziellen Käufer analysiert werden, sind das Informationsmemorandum, das von Ihrem M&A‑Unternehmensberater verfasst wurde, und die Jahresabschlüsse. Wichtig ist, dass die Bilanz und die GuV lesbar und verständlich sind. Deutsch-französische Unternehmen sprechen oft eine interne Sprache und übersetzen teilweise bestimmte Begriffe, damit die deutschen Geschäftsleiter die Übersicht behalten. Es kann hilfreich sein, einen in Frankreich tätig deutschsprachigen Steuerberater zu beauftragen, die Konten umzubenennen, mit einem aussagekräftigen rein französischen und rein deutschen Text. So werden deutsche und französische Interessenten gleichermaßen berücksichtigt.
- Geschäftsbeziehungen mit der deutschen Muttergesellschaft. Falls die Geschäftsbeziehungen zwischen dem französischen Tochter- und dem deutschen Mutterunternehmen sehr eng sind, sollte vorab klar definiert werden, wie die zukünftigen Beziehungen ablaufen sollten. Sollen neue Zulieferer gesucht werden? Wird eine Rahmenvereinbarung mit dem deutschen Unternehmen unterschrieben? So kann der Verkaufsprozess mit soliden Grundlagen starten.
2. Das Unternehmen bewerten
Bevor Sie sich auf die Suche nach potenziellen Käufern begeben, ist es sinnvoll, sich den objektiven Wert Ihres Unternehmens vor Augen zu führen. Zu hohe Erwartungen können den Verkauf stark verlangsamen oder sogar verhindern. Um den Wert Ihres Unternehmens zu ermitteln, wenden Sie sich an Ihren Steuerberater oder an ein M&A‑Beratungsunternehmen. Vorsicht: Frankreich und Deutschland sind zwei verschiedene Länder mit unterschiedlichen Regeln, insbesondere im Bereich Buchhaltung. Am besten wenden Sie sich an französische Fachleute, die Ihnen die französischen Sonderheiten, die potenziell einen Einfluss auf den Unternehmenswert haben, erklären werden.
3. Interessenten finden
Es ist selten, seinen Nachfolger im Voraus zu kennen. Dabei kann es sich um Ihre französischen Mitarbeiter, Mitglieder Ihres persönlichen oder beruflichen Netzwerks, aber auch um externe Dritte handeln. Ein M&A-Berater kann Ihnen helfen, potenzielle Käufer, Gruppen, unabhängige Unternehmen oder einzelne Käufer gezielt anzusprechen, um die Chancen zu maximieren, Sie mit dem passenden Kandidaten in Kontakt zu bringen. In einem deutsch-französischen Umfeld sind die Möglichkeiten noch vielfältiger, da sowohl deutsche Mitbewerber als auch französische Interesse bekunden können. Es ist daher umso wichtiger, den richtigen M&A-Unternehmensberater zu finden, der deutsche und französische Targets zugleich ansprechen kann.
4. Den Verkaufspreis und die Bedingungen aushandeln (Aktiv- und Passivgarantie, Übergangszeit und Begleitung, etc.)
Sie haben sich mit mehreren potenziellen Käufern getroffen und beschlossen, die Gespräche mit denjenigen fortzusetzen, die den besten Eindruck auf Sie gemacht haben. Die Frage des Verkaufspreises ist eine der zentralen Aspekte bei der Veräußerung Ihres Unternehmens, aber es sind auch noch andere Themen zu besprechen:
- Aktiv- und Passivgarantie. Unter welchen Bedingungen werden Sie eine Aktiv- und Passivgarantie gewähren? Gut zu wissen: In Frankreich ist diese Garantie bei einem Share-Deal geläufig. Sie schützt den Käufer vor unbilanzierten Risiken, die abhängig von der ehemaligen Geschäftsführung sind (z.B. ein Rechtsstreit mit einem Mitarbeiter wegen unbezahlter Überstunden, eine Steuerprüfung, die Regelwidrigkeiten aufdeckt etc.).
- Mietvertrag. Muss der bestehende Mietvertrag zwischen Ihrer französischen Immobiliengesellschaft („SCI“) erneuert werden?
- Begleitung. Wer wird den Käufer unterstützen, und für wie lange?
Dies sind alles Themen, die zu Beginn der Gespräche mit den Käufern besprochen werden sollten, da es sonst später zu vielen Missverständnissen kommen kann, insbesondere in einem internationalen Kontext.
5. Angebote erhalten
Sie haben nun den Preis und die Nebenbedingungen mit einem oder mehreren Interessenten vereinbart. Die potenziellen Käufer werden Ihnen ihr Interesse bestätigen, indem sie Ihnen ein Angebot, auch Absichtserklärung oder „Letter of Intent“ genannt, zusenden. Die Sammlung mehrerer Angebote ermöglicht es Ihnen, die Projekte der verschiedenen Käufer zu vergleichen und dem Interessenten, der das beste Projekt für Ihr Unternehmen entwickelt hat, eine Verhandlungsexklusivität zu gewähren. Wenn Interessenten aus verschiedenen Ländern kommen, ist es wichtig, dass sie alle „die gleiche Sprache“ sprechen: Ein M&A-Berater wird Ihnen dabei helfen, klare Angebote zu bekommen, die alle grundlegenden Themen ansprechen, sodass ein Vergleich der Angebote erleichtert wird.
6. Due Diligence und Datenraum zur Verfügung stellen
Der Sinn und Zweck von Akquisitionsprüfungen, auch Due Diligence genannt, besteht darin, die Informationen zu bestätigen, die Sie dem Käufer bei den ersten Gesprächen zur Verfügung gestellt haben, und ihm bei der Bestimmung von Risikobereichen, insbesondere in Bezug auf steuerliche, soziale oder betriebliche Angelegenheiten, zu helfen.
In dieser Phase hat der Käufer im Allgemeinen das Recht, die Verhandlungen zu unterbrechen, wenn das Ergebnis der Prüfungen Elemente aufzeigt, die den vorgeschlagenen Preis in Frage stellen könnten. Sogenannte „Deal Breakers“ sollte man im Vorfeld identifizieren. Es ist daher wichtig, von Beginn an bei den Verhandlungsgesprächen transparent zu sein, um Enttäuschungen und Zeitverlust zu vermeiden.
7. Vorvertrag unterschreiben
Die Due Diligence haben es dem Käufer ermöglicht, sein Interesse am Kauf Ihres Unternehmens zu bestätigen. Es ist an der Zeit, ein erstes juristisches Dokument zu unterzeichnen, das den Käufer vorbehaltlich des Erhalts einer Finanzierung (Bankdarlehen und/oder Kapital aus Investment Fonds) zum Kauf verpflichtet. Der Vorvertrag (frz. „protocole d’accord“) wird von einem Anwalt verfasst. In Frankreich muss der Verkauf nicht zwangsläufig von einem Notar betreut werden.
8. Die Finanzierungsbestätigung erhalten
Nach der Unterzeichnung des Vorvertrags beginnt in der Regel eine Frist zu laufen. Wenn es dem Käufer nicht gelingt, die notwendige Finanzierung für die Übernahme aufzubringen, ist der Vorvertrag null und nichtig, und es steht Ihnen frei, die Verhandlungen mit anderen Kaufinteressenten, die Sie möglicherweise auf Eis gelegt hatten, wieder aufzunehmen. Es sei denn, Sie beschließen, dem Käufer ein Verkäuferdarlehen (auch „Vendor Loan“) zu gewähren oder den Verkaufspreis zu senken, wenn Sie davon überzeugt sind, dass der von Ihnen gewählte Käufer der richtige für Ihr Unternehmen ist.
9. Die Mitarbeiter informieren
Das französische Handelsgesetz schreibt vor, dass die Mitarbeiter mindestens 2 Monate vor einem Verkauf hierüber informiert werden müssen. Artikel L.23-10-1 erlaubt es ihnen, sich von einem Berater begleiten zu lassen und ein Übernahmeangebot zu formulieren. Der Verkäufer ist jedoch nicht verpflichtet, ein Angebot seiner Mitarbeiter anzunehmen. Dies ist ein entscheidender Moment, den der Käufer nutzen muss, um seine Mitarbeiter hinsichtlich der Kontinuität des Unternehmens und des Fortbestehens ihrer Beschäftigung zu beruhigen. Wenn Ihre Mitarbeiter Ihnen formell mitteilen, dass sie das Unternehmen nicht übernehmen wollen, kann der Verkauf erfolgen, ohne das Ende der Frist abzuwarten.
10. Unterzeichnen von Kaufvertrag, Aktiv- und Passivgarantie, Begleitungs-, Mietvertrag, etc.
Wenn die Finanzierungsbedingung und andere aufschiebende Bedingungen aufgehoben werden, kann der Verkauf abgeschlossen werden. Ein Übertragungsvertrag, der die verschiedenen Punkte des Vorvertrags enthält und den Verkauf bestätigt, wird von einem Rechtsanwalt oder einem Juristen erstellt, ebenso wie die verschiedenen rechtlichen Begleitdokumente, wie z.B. die Aktiv- und Passivgarantie, Ihr Begleitvertrag, ein neuer Mietvertrag usw. Bei der Unterzeichnung bei dem Rechtsanwalt wird Ihnen der Kaufpreis per Bankscheck (typisch französisch!) oder per Banküberweisung am Stichtag ausgezahlt. In einigen Fällen kann das Geld auch auf ein Treuhandkonto überwiesen werden, was von dem Rechtsanwalt verwaltet wird. Dieser überweist dem Käufer das Geld erst, wenn alle Bedingungen für den Kauf erfüllt sind.
11. Den Käufer nach dem Kauf begleiten
Sie haben Ihrem Nachfolger die Schlüssel zu Ihrem Unternehmen überreicht. Es ist wahrscheinlich, dass Sie, als deutscher Unternehmer, vor Ort ein Management‑Team haben, welches dem Käufer die Übernahme des Unternehmens erleichtern wird. Die Übergabe ist im Allgemeinen für den erfolgreichen Abschluss der Übertragung unerlässlich. Von daher dürften Sie den Käufer wahrscheinlich noch für eine gewisse Zeit begleiten, um ihn bei Kunden und Lieferanten vorzustellen. Die Unterstützungszeit für den Übergeber dauert durchschnittlich 3 bis 6 Monate. Im Regelfall wird Ihre Begleitung im Rahmen eines Dienstleistungsvertrags vergütet.
Kurz zusammengefasst: Die Etappen der Unternehmensveräußerung sind im großen Ganzen in Frankreich und in Deutschland ähnlich. Unbedingt zu beachten sind die gesetzlichen und kulturellen Unterschiede. Von daher ist es ratsam, sich von deutsch-französischen Experten beraten zu lassen, damit der Verkaufsprozess reibungslos ablaufen kann.