Marktbefragung: Chancen und Hürden
für deutsche Unternehmen in Frankreich
Juni 2025, Liebich & Partner
Was erwartet deutsche Unternehmen in Frankreich?
Im Folgenden finden Sie die Ergebnisse der Marktbefragung zu den Chancen und Hürden für deutsche Unternehmen in Frankreich.
Frankreich zählt zu den bedeutendsten Märkten Europas. Nach Angaben der CCI France Allemagne, der französisch-deutschen Handelskammer, sind bei über 2.100 Unternehmen in Frankreich die deutschen Muttergesellschaften die wirtschaftlichen Eigentümer. Wie diese Firmen in Frankreich agieren und welche Perspektiven sie dort sehen, war Gegenstand zahlreicher Gespräche, die Nina Meyer, Vorständin der Liebich & Partner AG, in den letzten Monaten mit deutschen Unternehmern und Führungskräften geführt hat, deren Firmen auf dem französischen Markt aktiv sind. Ziel dieser Interviews war es, ein aktuelles Bild der Stimmung deutscher Unternehmen in Frankreich zu erhalten, Chancen und Herausforderungen zu beleuchten und die Zukunftsaussichten einzuschätzen.
Mehr als 90 Prozent der befragten Unternehmen sind bereits seit mindestens fünf Jahren in Frankreich präsent. Über 80 Prozent unterhalten entweder eigene Vertriebs- und Servicestandorte oder beschäftigen einzelne Vertriebsmitarbeiter vor Ort. Lediglich rund 20 Prozent verfügen über eigene Produktionsstätten in Frankreich. Die Befragung ergab, dass etwa 70 Prozent der befragten Unternehmen mit den Ergebnissen ihres Frankreichgeschäfts unzufrieden sind. Sie nennen stagnierende Umsätze, starken Preisdruck und instabile Teams als die Hauptgründe.
Preisbewusstsein im Markt
Die Gesprächspartner waren sich einig, dass Frankreich ein wichtiger und vielseitiger Markt ist, der als berechenbar und sicher gilt. Dennoch wird er als ausgesprochen preissensibel wahrgenommen, was insbesondere den Vertrieb deutscher Premiumprodukte erschwert.
Nina Meyer: „Nach unseren Erfahrungen fehlt es oft an landesspezifischem Marketing und auf den Markt abgestimmten Vertriebsargumenten, wenn Premium-Produkte aufgrund ihres Preises scheitern.“
Unterschätzte Marktchancen
Viele Befragte sehen die Zeit des ungebremsten Wachstums in Frankreich als beendet an. Der Markt ist in vielen Branchen gesättigt, sodass Umsatzsteigerungen meist nur noch durch zusätzliche Dienstleistungen oder den Gewinn von Marktanteilen auf Kosten der Konkurrenz möglich sind. Zahlreiche Unternehmen setzen daher verstärkt auf Service- und Wartungsangebote.
Nina Meyer: „Das Anbieten zusätzlicher Leistungen macht Sinn. Das Potenzial des Marktes wird unserer Erfahrung nach oft unterschätzt, da der französische Markt von den deutschen Unternehmen wenig systematisch bearbeitet wird, verglichen mit dem deutschen Markt. Wir empfehlen daher, nochmal genau hinzuschauen, den Markt zu priorisieren, um weitere Marktpotenziale zu identifizieren und auszuschöpfen.“
Hohe Erwartungen an Service
Französische Kunden legen nach den Erfahrungen der Befragten großen Wert auf Beratung, Betreuung und Service. Oft werden individuelle Anpassungen als selbstverständlicher Service und nicht als kostenpflichtige Zusatzleistung angesehen, was die Rentabilität von Projekten stark beeinträchtigen kann.
Nina Meyer: „Wir können aus unserer Sicht bestätigen, dass französische Unternehmen sehr anspruchsvoll in der Betreuung sind. Hier gilt es, die Verträge in Bezug auf diese Serviceleistungen entsprechend kulturspezifisch zu gestalten.“
Vertriebserfolg durch persönliche Beziehungen
Der französische Markt lässt sich aus dem Ausland nur schwer steuern und entwickeln. Im Vertrieb ist der Aufbau persönlicher Beziehungen essenziell und hat Vorrang vor technischem Know-how. Viele Unternehmen überarbeiten derzeit ihre Vertriebsstrukturen, setzen auf eine Mischung aus Direktvertrieb und Händlernetzwerk und passen ihre Strategien an die lokalen Gegebenheiten an.
Nina Meyer: „Wir merken, dass aktuell eine hohe Dynamik im Frankreichgeschäft ist, um aus diesem bedeutenden Absatzmarkt mehr herauszuholen. Unternehmen mit Frankreichumsätzen im einstelligen Millionenbereich stellen sich nun anders auf, um den Markt mit mehr Systematik zu bearbeiten und streben eine signifikante Steigerung der Umsätze an. In Frankreich ist Vertrieb im Mittelstand oft sehr opportunistisch geprägt. In vielen französischen mittelständischen Unternehmen gibt es kein strukturiertes Business Development und die Vorgehensweise im Vertrieb ist anders als in Deutschland. Business Development wird in Frankreich vielfach mit Kaltakquise gleichgesetzt und die strategische Herangehensweise fehlt in manchen Unternehmen völlig. Wir halten die kulturelle Mischung für den Erfolgsweg. Betreiben Sie strukturiertes, methodisches Business Development für Frankreich und gehen Sie die erarbeiteten Leads mit einem dynamischen französischen Team vor Ort an.“
Vorteile einer lokalen Präsenz
Unternehmen ohne eigene Niederlassung in Frankreich haben es schwer, gegen französischsprachige Wettbewerber zu bestehen, da französische Kunden bevorzugt bei lokalen Anbietern kaufen. Firmen mit Produktionsstandorten vor Ort berichten von einer deutlich verbesserten Wettbewerbsposition.
Neue Absatzmärkte durch Frankreich
Frankreich gewinnt als Sprungbrett nach Nordwestafrika an Bedeutung, insbesondere der marokkanische Markt gilt als offen und eng mit Frankreich verbunden. Viele Unternehmen nutzen ihre französischen Standorte als Ausgangsbasis für den Eintritt in die Maghreb-Staaten, die als neue Wachstumsmärkte identifiziert wurden.
Hohe Lohnkosten und komplexes Arbeitsrecht
Frankreich wird durch hohe Personal- und Lohnnebenkosten oft als recht teurer Markt angesehen. Ein komplexes Arbeitsrecht erschwert nach Ansicht vieler Unternehmen den Marktzugang.
Nina Meyer: „Entscheidend ist es, die Gesamtkosten als Unternehmen zu betrachten und die Gehälter entsprechend zu gestalten. Wir stellen fest, dass Bruttogehälter in Frankreich i.d.R. 10 – 20 Prozent unter den Gehältern liegen, die für vergleichbare Positionen in Deutschland üblich sind. Im Vertrieb ist der variable Anteil in Frankreich oft höher als in Deutschland, wo der Fixanteil höher ist.“
Führung und Zusammenarbeit
Welche Schlüsse lassen sich aus dieser Marktbefragung für deutsche Unternehmen in Frankreich ziehen? Dass der französische Markt auch kulturelle Unterschiede mit sich bringt, wissen und sehen die deutschen Unternehmer vor allem, wenn es um Führung und Zusammenarbeit geht. Einigen befragten Unternehmern nach wird Wissen zu wenig geteilt, es fehlt an Transparenz und das Führungspersonal lässt sich kaum in die Karten schauen. Kleine Einheiten führen ein autonomes Leben. Häufige Personalwechsel erschweren eine langfristige Planung und behindern den Aufbau stabiler Teams. Im Vertrieb wünschen sich die Mehrzahl der befragten Unternehmen eine höhere Performance und eine größere intrinsische Motivation der Mitarbeiter. Zum Glück gibt es auch Unternehmen, die seit langem mit sehr gut etablierten Vertriebsteams in Frankreich arbeiten und sehr zufrieden mit der interkulturellen Zusammenarbeit und der Ergebnisentwicklung sind.
Nina Meyer: „Unserer Erfahrung nach entstehen viele der geschilderten Probleme durch zu wenig Zusammenarbeit, mangelnde Kommunikation und Wertschätzung. Sie treten vor allem dann auf, wenn das Team in Frankreich klein ist. Die Schwierigkeiten lassen sich durch eine engere Anbindung der französischen Niederlassungen an die deutsche Muttergesellschaft und eine stärkere Kooperation entschärfen. Wir haben gute Erfahrungen damit gemacht, dass französische Mitarbeiter mit mehreren Schnittstellen in Deutschland parallel vernetzt sind und aktiv zusammenarbeiten (Produktmanagement, Marketing, Vertrieb, Entwicklung…). Unternehmen, die ihre Prozesse und Strukturen dahingehend anpassen, verbessern nicht nur die Motivation der Mitarbeiter, sondern fördern auch Transparenz und Teamarbeit.
Ein weiterer Hebel sind die Führungskräfte. Einige der befragten Unternehmen setzen bewusst auf französische Manager, die prozessorientiert, mit hoher Transparenz und mit modernen Tools arbeiten und haben dies zu einem zentralen Anforderungskriterium für die Stellenbesetzung gemacht. So konnten sie nicht nur die Fluktuation senken, sondern auch mehr Kontrolle über die Abläufe gewinnen. Die zentralistisch agierende, charismatische Leitfigur wird nicht mehr nachgefragt.“
Der französische Markt bleibt für deutsche Unternehmen attraktiv, bietet aber noch viele ungenutzte Chancen. Wer erfolgreich sein möchte, benötigt ein leistungsstarkes Vertriebsteam, flexible Strategien und eine gute Zusammenarbeit mit der Muttergesellschaft. Unternehmen, die diese Herausforderungen meistern, können in Frankreich nachhaltig und profitabel wachsen.
Praxisberichte und mehr: Webinar zum Frankreichmarkt
Am 2. Oktober 2025 findet ein Webinar zum Thema „Erfolgreich in Frankreich: Strategien und Best Practice deutscher Unternehmen” statt. Weitere Informationen zur Veranstaltung und das Anmeldeformular finden Sie hier: https://www.liebich-partner.de/events/marktstrategien-frankreich/
Sie möchten mehr zur Marktbefragung für deutsche Unternehmen in Frankreich erfahren? Lesen Sie hier weiter: https://www.liebich-partner.de/presse/der-franzoesische-markt-erfahrungen-deutscher-unternehmer/
Autoren: Nina Meyer
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